Watch the Court

Das Projekt „Watch The Court (Beobachte das Gericht)“ beschäftigt sich mit der Analyse von Gerichtsentscheidungen.

In juristischen Fachzeitschriften und Datenbanken sind zahlreiche Urteile dokumentiert, über deren Überzeugungskraft man zwar hin und wieder füglich streiten kann, die aber zumindest in den meisten Fällen sorgfältig begründet sind und bei denen das Ergebnis zumindest diskussionswürdig ist. Die Rechtswissenschaft beschäftigt sich mit solchen Urteilen, indem ihre Akteure – sei es zustimmende, sei es kritische – Aufsätze und Anmerkungen zu solchen Urteilen veröffentlichen. Dieser Diskurs zwischen Rechtsprechung und Rechtswissenschaft prägt die rechtsstaatliche Kultur in Deutschland ganz wesentlich.

Von der Rechtswissenschaft weitgehend unbemerkt sind bisher demgegenüber solche Urteile geblieben, über die man auch bei wohlwollender Betrachtung kein positives Wort mehr verlieren kann – Urteile also, die entweder im Ergebnis schlichtweg nicht nachvollziehbar sind oder bei denen die Verfahrensrechte mindestens einer Prozeßpartei mit Füßen getreten wurden. Mit eben diesen Urteilen befaßt sich das Projekt „Watch The Court“. Es geht hier also, anders als in der juristischen Fachpresse, um die Diskussion eindeutiger richterlicher Fehlentscheidungen.

Derartige eindeutige Fehlentscheidungen stellen eine Gefahr für den Rechtsstaat dar – und zwar jede einzelne von ihnen, auch wenn es sich aus der Sicht eines Außenstehenden um einen „Ausreißer“ handeln mag. Denn wenn jemand einer solchen Fehlentscheidung zum Opfer fällt, verliert er das Vertrauen in die Justiz und wird dieses Empfinden auch an sein soziales Umfeld weitergeben. Leidtragende sind aber auch die Anwälte derjenigen, gegen die sich eine solche Fehlentscheidung richtet. Denn sie können ihren Mandanten nicht mehr vermitteln, warum der Prozeß diesen Ausgang genommen hat; sie geraten in Erklärungsnot.

Wenn alles gut geht, wird eine solche Fehlentscheidung im Instanzenzug korrigiert. Aber selbst dann hat das Ansehen der Justiz irreparabel gelitten. Denn die Prozeßparteien waren den seelischen Belastungen des Rechtsstreits in diesem Fall über eine wesentlich längere Dauer ausgesetzt. Und es wurden ohne Not staatliche Ressourcen vergeudet.

Das Projekt „Watch The Court“ verfolgt das Anliegen, eindeutig rechtswidrige Gerichtsurteile öffentlich zu machen. Denn zu den Faktoren, welche die Entstehung von Fehlentscheidungen begünstigen, gehört unter anderem der Mantel der Verborgenheit: Wenn ein Gericht nicht befürchten muß, sich der Kritik seiner Fehlleistung stellen zu müssen, wird das die Sorgfalt bei der Bearbeitung des Streitfalles mindern. Auf längere Sicht soll aber auch den Ursachen eindeutiger Fehlentscheidungen auf den Grund gegangen werden. Es ist nämlich denkbar, daß Qualitätsverluste in der Rechtsprechung zumindest auch auf Ursachen beruhen, an denen die Gerichte keine Schuld trifft. So mag etwa die Zahl der Eingänge, die ein einzelner Richter bearbeiten muß, so hoch angesetzt sein, daß es nicht mehr möglich ist, sich mit der nötigen Sorgfalt mit jedem einzelnen Streitfall zu beschäftigen. Das Projekt veröffentlicht daher auch nicht die Namen der Richter, die für eine Fehlentscheidung verantwortlich sind: Es geht nicht darum, jemanden an den Pranger zu stellen, sondern darum, Verbesserungen im System anzustoßen.

Die Urteile, die als krasse Fehlentscheidungen identifiziert wurden, werden anonymisiert auf dieser Internetseite veröffentlicht und besprochen. Autor der Besprechungen ist, wenn nichts anderes angegeben ist, der Projektleiter, Herr Prof. Dr. Martin Schwab. Eingesandt werden können Urteile von Betroffenen, von Anwälten und darüber hinaus von allen, denen umstrittene Urteile zu Ohren kommen. Diese Urteile werden dann vom Projektleiter zusammen mit seinem Team analysiert und, wenn sich der Verdacht einer eindeutigen Fehlentscheidung erhärten sollte, veröffentlicht. In jedem Fall wird der Person, welche die Entscheidung eingesandt hat, das Ergebnis der Analyse mitgeteilt.

Allerdings ist bereits an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass es sich um ein Forschungsprojekt handelt, welches keine Rechtsberatung leisten kann und dies auch nicht darf. Bitte kontaktieren Sie uns ausschließlich nach abgeschlossenen Verfahren. Erst dann kann das Forschungsteam mit seiner Arbeit beginnen. In laufende Verfahren darf nicht eingegriffen werden. Weiterhin bitten wir Einsender davon Abstand zu nehmen, das Forschungsteam während eines laufenden Verfahrens zu konsultieren.